Aktivurlaub: Geld zurück wegen mangelnder Kondition?

18. März 2021 Lesedauer: 3:20 Minuten
Aktivurlaub

Wer sich in einem fremden Land sportlichen Herausforderungen stellen will, bucht oftmals über eine:n Veranstalter:in, der/ die die Organisation vor Ort übernimmt.

Welche Pflichten haben Veranstalter:innen?

Rechtlich ausgedrückt: Ihn/ sie trifft eine sogenannte Verkehrssicherungspflicht.

Einfach ausgedrückt: Er/sie ist verantwortlich für die Teilnehmenden und muss sie vor allen Gefahren schützen, die sich aus einer unzureichenden Organisation und Absicherung ergeben könnten.

Beachte: „Teilnahme auf eigene Gefahr“ gibt es nicht! Eine solche Klausel in den AGB wäre unwirksam und schließt die Haftung des Veranstalters/ der Veranstalterin nicht aus. Die Teilnehmenden müssen lediglich mit einem durch die Eigenart des Sports erhöhten Gefahrenniveau rechnen, z.B. verstauchter Knöchel durch Umknicken beim Trail-Running.


Für den/die Veranstalter:in stellen sich in der Praxis damit folgende Fragen:


So verhalten Sie sich als Veranstalter:in richtig

Ein realer Fall: Eine Dame buchte bei einem Veranstalter eine Pauschaltrekkingreise „La Réunion - Tropen und Vulkane“. Die Reise bestand aus mehreren kleineren Wanderungen zum Eingewöhnen und einer 6-tägigen Hüttenwanderung durch tropische Vegetation

Nachdem die Dame auf den kleineren Wanderungen oftmals zurück blieb, mit mehreren Stunden Verspätung den Ausgangspunkt erreichte und teilweise nur mit Hilfe die Abstiege geschafft hatte, entschloss sich der Veranstalter sie von der 6-tägigen Hüttenwanderung auszuschließen. Er bot ihr ein Alternativprogramm mit leichten Touren samt Verbringung zu Zwischenstationen an. Dies lehnte sie jedoch an und miete sich für die 6 Tage in ein Wellness-Hotel ein.

Nach der Rückkehr verklagte sie den Veranstalter. Die Teilnehmerin verlangte Schadensersatz für die verweigerte Mitnahme, die zusätzlichen Hotelkosten und ein Schmerzensgeld von € 1.000,00 wegen der erlittenen Diskriminierung und Demütigung.
Zurecht?

Die Verantwortung des Veranstalters/ der Veranstalterin beginnt bereits bei der Beschreibung der Aktivitäten. Es darf keine leichtfertige Verharmlosung der Schwierigkeiten erfolgen. Aus der Beschreibung muss ganz klar hervorgehen, was die Teilnehmenden objektiv erwartet.

Vor Ort hat der/die Veranstalter:in die Pflicht sich vom Gesundheits- und Fitnesszustand der Teilnehmenden zu überzeugen. Bei intensiven Sportveranstaltungen (z.B. in Italien) müssen daher vor dem Start sogar ärztliche Atteste über die Sporttauglichkeit vorgelegt werden. Im vorliegenden Fall hatte die Teilnehmerin dem Guide bei Ankunft erzählt, dass sie nicht genügend trainieren konnte (Zitat: „In Hamburg gibt es keine Berge.“). Tätigt ein:e Teilnehmer:in eine solche oder eine ähnliche Äußerung muss der/ die Veranstalter:in die Leistungsfähigkeit besonders beobachten.

Zeigt sich dann, dass der/die Teilnehmer:in im Gelände nicht genügend trittsicher ist oder wird eine mangelnde Kondition für längere Ausflüge festgestellt, muss geprüft werden, ob derjenige/ diejenige mit der Gruppe sowohl bergauf als auch bergab mithalten kann.

Kommen sie als Veranstalter:in (ggf. zusammen mit den Guides) nach eingehender Überprüfung sodann zu dem Ergebnis, dass es nicht verantwortbar wäre den/ die Teilnehmer:in mitzunehmen, müssen sie dies dem/ der Teilnehmer:in umgehend mitteilen und Alternativen vorschlagen, z.B. leichtere Touren.

Merke: Die Beurteilung des Gesundheitszustands und der Fitness fällt in den ausschließlichen Verantwortungsbereich der Guides vor Ort. Das Mitbringen der erforderlichen Fitness für die Aktivitäten ist eine Bringschuld der Teilnehmenden.

Ist ein:e Teilnehmer:in vor Ort, nachdem er/ sie die Reise infolge eigener Selbsteinschätzung gebucht hat, den Anforderungen offensichtlich nicht gewachsen, darf er/ sie von der geplanten Tour ausgeschlossen werden.

Gut zu wissen: Nicht der/die Veranstalter:in oder Guides müssen vor Ort beweisen, dass der/ die Teilnehmer:in nicht genügend fit war, sondern der/ die Teilnehmer:in muss umgekehrt beweisen, dass er/ sie ausreichende Trittsicherheit bzw. entsprechende Kondition hatte.


Ergebnis

Damit entfällt jeder Schadenersatzanspruch der Teilnehmerin wegen angeblich rechtswidriger Verweigerung der Mitnahme.

Da sie das Alternativprogramm abgelehnt hatte, bei dem sie mit der Gruppe mitreisen hätte können, hat sie auch keinen Anspruch auf die Hotelkosten.

Eine Diskriminierung / Demütigung liegt ebenfalls nicht vor, da es am mangelnden spezifischen Training der Teilnehmerin lag, dass Sie ausgeschlossen wurde. Die Teilnehmerin war ihrer Mitwirkungspflicht, hier vorab spezifisch zu trainieren, offensichtlich nicht nachgekommen. Es liegt im eigenen Lebensrisikobereich, dass man sich überschätzt (so das Amtsgericht Kempten).

Fazit: Sich mit dem Veranstalter und den Guides, die mehr Erfahrung haben und im Ernstfall die Verantwortung tragen müssen, zu streiten und diese zu verklagen, geht definitiv zu weit. Das belegen auch einige Gerichtsurteile. Besonders ausführlich hat seine Entscheidung das AG Kempten (Urteil vom 28.1.2009, Az. 1 C 553/08) begründet und dem Veranstalter Recht gegeben.



Haben Sie noch Fragen? Nehmen Sie unverbindlich Kontakt über unser Kontaktformular zu uns auf oder rufen Sie uns an:

Tel.: 0151 – 68 18 30 84

Wir freuen uns auf Sie.



Julia beim Trainieren Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf

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