Minderjährige Mitglieder: Haftung & Co - das musst du beachten
04. Juni 2024
Lesedauer: 3:00 Minuten
Hast du es in deinem Studio bemerkt?
Laut einer Umfrage steigt die Anzahl der Jugendlichen, die in einem Fitnessstudio trainieren wollen, wieder an. Motiviert durch Influencer, dem Wunsch nach einem trainierten Körper, aber auch ein gesunder Lebensstil veranlasst Jugendliche sich im Studio anzumelden.
So positiv die Entwicklung ist und eine neue Zielgruppe eröffnet, ergeben sich für den Studiobetreiber oft unbeachtete rechtliche Gefahren. Von unsachgemäßer Nutzung der Geräte bis hin zu körperlichen und psychischen Belastungen – die Herausforderungen mit minderjährigen Mitgliedern sind vielfältig.
Davon solltest du dich aber nicht abschrecken lassen.
Diesen Trend muss man fördern und durch geeignete Maßnahmen sicherstellen, dass junge Sportler sicher und gesund trainieren können. Daher nehme ich dich heute mit in die Welt des jugendlichen Fitnesstrainings und zeige dir, worauf du aus rechtlicher Sicht achten musst.
Dürfen Jugendliche im Studio trainieren?
Ja und nein, es gibt dazu keine rechtlichen Vorgaben. Es liegt also beim Studiobetreiber, ob er es zulässt oder nicht.
Wichtig zu wissen: Für den Abschluss eines Mitgliedsvertrages muss immer die Zustimmung von allen Erziehungsberechtigten vorliegen, meistens also von beiden Elternteilen.
Zwei Unterschriften? Das ist doch lebensfremd.
Ja, daher gibt auch die Möglichkeit, dass nur ein Elternteil unterschreibt und gleichzeitig bestätigt, dass er berechtigt ist, für den anderen mitzuentscheiden.
Praxistipp:
Neben den regulären Checkboxen zu den AGB, Videoüberwachung, Verarbeitung Gesundheitsdaten & Co, solltest du eine Checkbox haben, wo der Erziehungsberechtigte anhakt, dass er mit dem Vertragsschluss einverstanden ist und bestätigt, dass er/ sie berechtigt ist, auch die Einwilligung des anderen Elternteils zum Vertragsschluss zu erklären.
Es kann durchaus Ärger geben, wenn die Eltern getrennt leben, aber das gemeinsame Sorgerecht haben und ein Teil vielleicht nicht damit einverstanden ist, dass der 16-jährige Sohn zum Pumpen ins Studio geht.
Wie ist das mit der Betreuung und Haftung?
Für mich als Anwältin ist das Stichwort, auf das es hier ankommt, „Aufsichtspflicht“.
Vielleicht sollte man grundsätzlich erst mal klarstellen, dass in einem Fitnessstudio die Aufsichtspflicht grundsätzlich bei den Erziehungsberechtigten bleibt, anders als z.B. in einem Sportverein.
Achtung Ausnahme: Wenn die Anwesenheit von Trainern vertraglich vereinbart ist oder wenn das Studio von einem Trainer angeleiteten Kurs für Jugendliche anbietet, dann geht die Aufsichtspflicht auf das Studio, im Konkreten auf den Trainer, über. Denn dann haben wir ein ähnliches Konstrukt wie in einem Verein.
Für das „normale“ Training bleibt die Aufsichtspflicht bei den Eltern.
Nichtsdestotrotz trifft das Studio die Pflicht, bestmöglich alle Gefahren vom Mitglied fernzuhalten.
Dies betrifft, insbesondere bei Jugendlichen, auch den Schutz vor Überforderung.
Je jünger das Mitglied ist, desto mehr empfehle ich die Eltern mit einzubeziehen, um die Haftung zu verteilen.
Praxistipp:
Ich würde es daher zur Voraussetzung machen, dass die Eltern bei der Anamnese des Minderjährigen, sowie bei der Einstellung der Geräte/ Festlegung der Gewichte dabei sind. Damit denen bewusst ist, was im Studio passiert und sie gegebenenfalls ihr Veto einlegen können.
Wie verhält es sich, wenn dem Jugendlichem was passiert?
Das ist nicht viel anders als bei einem Erwachsenen. In einem solchen Fall geht es darum, ob das Studio ein Verschulden an der Verletzung trifft. Also ob das Studio seine Sorgfaltspflichten verletzt hat.
Das bedeutet, dass geprüft wird, ob es eine Anamnese vor Trainingsplanerstellung gab, ob eine Einweisung in die Geräte gemacht wurde usw. Denn, wenn man sowas unterlässt, stellt dies eine Sorgfaltspflichtverletzung dar. Für alles andere besteht weiterhin die Aufsichtspflicht der Erziehungsberechtigten.
Wie verhält es sich, wenn der Jugendliche was kaputt macht?
Zunächst muss geklärt werden, warum der Schaden entstanden ist.
War es vielleicht nur Abnutzung der Geräte und der Minderjährige kann gar nichts dafür. Dann trifft ihn juristisch ausgedrückt kein Verschulden.
Oder ist der Schaden entstanden, weil er keine Einweisung in die Geräte hatte, dann liegt das Verschulden auch beim Studio.
Wenn der Schaden aber aus der bewusst falschen Benutzung von Geräten entstanden ist, dann ist prinzipiell der Minderjährige in der Verantwortung.
Dann kommt es zu dem schönen, aber falschen Spruch: „Eltern haften für Ihre Kinder“.
Der Satz ist rechtlich falsch und müsste eigentlich heißen: „Eltern haften für ihre unterlassene Aufsichtspflicht über ihre Kinder“.
Wenn die Eltern ihre Aufsichtspflicht verletzt haben, z.B. weil sie ihr Kind nicht belehrt haben, wie es sich ordnungsgemäß verhalten soll und der Jugendliche grob fahrlässig oder vorsätzlich einen Schaden verursacht hat, müssen die Eltern dafür aufkommen.
Sonderthema: Minderjährige in personallosen Studios – geht das?
Ja, das geht.
Wie und warum … sowie etliche weitere Fragen rund um das Thema Minderjährige im Fitnessstudio habe ich im Podcast Hashtag Fitnessindustrie beantwortet. Höre gerne mal in die Folge 117 rein und gib mir ein Feedback, wie du es bei dir im Studio handhabst.
🎧 Zum Podcast
Viele sportliche Grüße
Julia
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Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf
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