Physiotherapie: Dürfen Schüler allein behandeln?

08. April 2025 Lesedauer: 3:00 Minuten
Praxisliege

Dürfen Schüler in der praktischen Ausbildung jetzt auch allein behandeln?
Ein Inhaber mehrere Therapiepraxen hat uns geschrieben, dass er in einem Newsletter eines Software-Anbieters gelesen habe, dass bei Schülern und Studenten bei der Erbringung von Regelleistungen keine Anwesenheit eines Therapeuten mehr erforderlich ist. Das würde ihm einiges erleichtern.

Aber stimmt das auch?

Die Antwort auf die Frage findet sich in § 3 Abs. 6a, Buchstabe b des Rahmenvertrags des GKV-Spitzenverbands (Lesefassung vom 04.04.2022). Dort heißt es:

„Der Einsatz von Schülerinnen und Schülern oder Studentinnen und Studenten im Rahmen der praktischen Ausbildung zur Qualifizierung für einen der in der Anlage 5 genannten Abschlüsse ist unter der Voraussetzung möglich, dass

a) … Vertrag über praktische Ausbildung …
und
b) die Schülerin und der Schüler oder die Studentin und der Student abhängig vom Lernstand unter Aufsicht und Anwesenheit des zugelassenen Leistungserbringers oder einer zur Ausbildung bestimmten und entsprechend fachlich qualifizierten Person tätig wird.

Dies gilt nur für solche Leistungen, die mit Ausbildungsende abgegeben werden dürfen. Die Ausbildung der Schülerin und des Schülers in besonderen Maßnahmen der Physiotherapie, die eine gesonderte Abgabeberechtigung der Zulassungsstelle voraussetzen, erfordern die ständige Aufsicht und Anwesenheit eines entsprechend qualifizierten Leistungserbringers.



Konsequenz für den Praxisalltag

Der praktische Unterschied zwischen den beiden Formulierungen liegt im Maß der Aufsicht und der Verfügbarkeit des qualifizierten Therapeuten während der Behandlung:

1. Regelleistungen: „abhängig vom Lernstand unter Aufsicht und Anwesenheit eines fachlich qualifizierten Therapeuten“

Bedeutet:



Beispiel: Ein Physiotherapie-Student führt unter Aufsicht Krankengymnastik durch. Der verantwortliche Therapeut befindet sich in direkter Nähe, kann bei Bedarf den Fortschritt beobachten und ggf. korrigieren.

2. Besondere Maßnahmen mit gesonderter Abgabeberechtigung: „unter ständiger Aufsicht und Anwesenheit eines entsprechend qualifizierten Leistungserbringers“

Bedeutet:



Beispiel: Ein Schüler führt eine manuelle Therapie durch, für die eine besondere Qualifikation erforderlich ist. Der verantwortliche Therapeut sitzt direkt daneben, gibt Anweisungen und stellt sicher, dass jede Bewegung korrekt ausgeführt wird.


Praktische Auswirkungen für die Praxis:

Bei allgemeinen Leistungen kann der Therapeut sich kurzfristig entfernen, z. B. um einen anderen Patienten zu begrüßen.
Bei besonderen Maßnahmen ist dies nicht erlaubt – der Therapeut muss durchgehend physisch anwesend sein und die Behandlung aktiv begleiten.



Fazit

Die „ständige Aufsicht“ ist strenger und bedeutet eine ununterbrochene, direkte Kontrolle, während „Aufsicht und Anwesenheit“ etwas mehr Flexibilität bietet.

Für Hausbesuche und Zertifikatspositionen gelten also strengere Regeln. Hierfür muss der Zertifikatsinhaber/ Ausbilder ständig dabei sein und Aufsicht führen.

Nach meinem Dafürhalten hat sich also nichts geändert.

Ich befürchte, dass in dem angesprochenen Newsletter die rechtliche Lage lediglich etwas verkürzt dargestellt wurde, so dass beim Leser ein falscher Eindruck entstanden ist.


Wenn auch du Fragen zur rechtlichen Absicherung deiner Praxis oder zur Umsetzung neuer Geschäftsideen hast, lass uns reden.

Buche dir gerne eine 1:1 Kurzberatung und in einem persönlichen Gespräch per Telefon oder Videotelefonie bekommst du direkt Antworten auf deine Fragen.



Viele sportliche Grüße

Astrid & Julia



Julia Ruch
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Inhaberin der aktivKANZLEI
und aktive Triathletin

aktivKANZLEI
j.ruch@aktivkanzlei.de
Astrid Bemfert
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Bereich Fitness
 

aktivKANZLEI
a.bemfert@aktivkanzlei.de


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