Scheinselbstständigkeit: Kurstrainer unter Generalverdacht
23. Juli 2024
Lesedauer: 3:30 Minuten
Neulich wurde ich im Podcast gefragt, was die Branche gerade bewegt.
Antwort: Scheinselbstständigkeit bei Kurstrainern
Aber das ist doch kein neues Thema. Was ist aktuell ein rechtliches Thema?
Antwort: Scheinselbstständigkeit bei Kurstrainern
Wir beraten gerade gefühlt nur noch zu diesem Thema.
Ganz besonders betroffen sind
Yoga-Studios, Fitnessstudios, Tanzschulen und Kurstrainer.
Einige Fitnessstudio-Ketten sind aus Panik oder Unwissenheit dazu übergegangen keine Honorartrainer mehr zu beschäftigen. Die bisherigen Beauftragungen werden in Minijobs umgewandelt oder rigoros beendet.
Alle Trainer & Trainerinnen in Minijobs überführen? – NEIN, das ist NICHT die LÖSUNG.
Auf den ersten Blick scheint das für die Studios eine gute Lösung zu sein, da nur geringe Sozialabgaben gezahlt werden müssen und bei einer Prüfung durch die Deutsche Rentenversicherung kein Ärger droht (vorausgesetzt man hält den Mindestlohn ein).
Gegenargument 1:
Als Studio läufst du Gefahr, dass wenn ein Trainer mehrere Minijobs gleichzeitig hat, er die Verdienstgrenze von € 538,00 überschreitet ohne, dass du davon was mitbekommst. Und dann werden alle Jobs versicherungspflichtig und sind damit keine Minijobs mehr. Das heißt, auch wenn du dich an alle Regeln hältst, kann es trotzdem sein, dass du rückwirkend Sozialversicherungsabgaben zahlen musst.
Gegenargument 2:
Wenn du nur ein oder zwei Trainer beschäftigst und zusammen mit diesen weniger als 10 Mitarbeiter hast, kannst du das vielleicht noch abfangen. Sobald es aber mehr werden und du mehr als 10 Mitarbeitende hast, gilt auch für diese Trainer das Kündigungsschutzgesetz.
Beschäftigst du die ehemaligen Honorartrainer als geringfügig Beschäftigte länger als 6 Monate, kannst du die Person nicht einfach kündigen. Du brauchst einen Grund für die Kündigung und musst ggf. unter allen Mitarbeitenden eine Sozialauswahl durchführen.
Gegenargument 3:
Wenn alle Trainer in Mini-Jobs festhängen, können Sie nur noch ein oder zwei Studios bedienen, um nicht über die Verdienstgrenze zu kommen. Das bedeutet, dass nicht mehr für alle Studios Trainer zur Verfügung stehen. Wer dann z.B. mit seinen Kursen Werbung gemacht hat und diese nicht mehr anbieten kann, macht sich ggf. gegenüber seinen Mitgliedern schadensersatzpflichtig.
Achtung: Trainer mit Hauptjob (Selbstständigkeit im Nebenerwerb) dürfen nur einen Mini-Job annehmen.
Ganz abgesehen davon, dass die Trainer gar nicht auf geringfügiger Basis angestellt sein wollen. Zum einen bedeutet dies eine Beschränkung bei den Einnahmen auf € 538,00 und zum anderen wollen die meisten gar nicht in die Abläufe eines Studios integriert werden.
Durch das radikale Vorgehen der DRV werden die Trainer & Trainerinnen in die Rolle eines Arbeitnehmers gedrängt, die sie gar nicht einnehmen wollen.
Oftmals ist es ja genau die Freiheit, in mehreren Studios aktiv zu sein, verschiedene Dinge zu machen und entscheiden zu können, wie viel man arbeitet, die die Trainer mit der Selbstständigkeit beabsichtigt haben.
Der ursprüngliche Grund für die Prüfungen durch die DRV war tatsächlich mal ein guter.
Man wollte verhindern, das Unternehmen potentielle Arbeitnehmer zwingen auf Honorarbasis für sie tätig zu werden, damit sich die Unternehmen Sozialabgaben & Co ersparen (damals ging es um Lieferanten und Pizza-Boten). Diese Personen wollte man vor Ausbeutung schützen und ihnen eine geregelte Kranken- und Rentenversicherung zu ermöglichen.
Wer, wie wir, viele dieser Schreiben von der DRV zur abhängigen Beschäftigung (wie die Scheinselbstständigkeit korrekt heißt) liest, merkt aber schnell, dass es immer wieder dieselben Argumente sind, die von der DRV vorgebracht werden. Es erfolgt kaum noch eine individuelle Beurteilung der tatsächlichen Situation.
Im Umkehrschluss bedeutet dies aber auch, dass man sich darauf konzentrieren kann, genau diese Argumente zu widerlegen.
Wir haben uns etliche Urteile, Widerspruchsbescheide und auch die Rundschreiben der Spitzenverbände angesehen und die Kriterien und Argumente rausgefiltert, anhand derer beurteilt wurde, ob eine Person selbstständig ist oder nicht.
Wir wissen mittlerweile, worauf es ankommt.
Was kann ich tun, um mich abzusichern?
1.) Betriebsprüfung läuft schon
Wenn die Betriebsprüfung schon eingeleitet ist, kann man ehrlicherweise nur noch Schadensbegrenzung betreiben. Aber auch in diesem Fall kann man noch einiges tun.
Als Allererstes solltest du mit deinen Trainern abstimmen, was und wie ihr nach Außen kommuniziert.
Sowohl Trainer als auch das Studio bekommen einen Fragebogen von der DRV. In diesem sollen scheinbar einfache „ja“ oder „nein“ Fragen zum Beschäftigungsverhältnis beantwortet werden.
Das Problem dabei ist, dass nicht nur tatsächliche Umstände, sondern in vielen Punkten auch rechtliche Wertungen abgefragt werden. An die Antworten bist du und auch der Trainer aber gebunden, auch dann, wenn sich später herausstellt, dass du die Frage falsch verstanden hast.
Wenn du dir unsicher bist, melde dich gerne bei uns.
2.) Betriebsprüfung wurde noch nicht eingeleitet
Am besten ist es natürlich, wenn noch keine Prüfung durch die DRV läuft, du also präventiv aktiv werden kannst.
In dem Fall solltest du dir Gedanken machen, um ...
- die „richtige“ Ausgestaltung der Tätigkeit,
- einen geeigneten Honorarvertrag und
- die Art und Weise der Rechnungsstellung.
Aufgrund der vielen Anfragen und dem hohen Beratungsbedarf haben wir für das Thema verschiedene Beratungspakete entwickelt.
Diese orientieren sich an deiner individuellen Studiosituation, der Anzahl der beschäftigen Honorartrainer und dem Umfang der rechtlichen Absicherung.
Wenn du Fragen zu dem Thema hast, vereinbare gerne einen kostenlosen Kennlerntermin. Per TEAMS oder am Telefon erklären wir dir gerne, wie wir dich unterstützen und dein Risiko minimieren können.
Viele sportliche Grüße
Julia
|
Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf
aktivKANZLEI
|
d Artikel in E-Mail als Link verschickend Weitere interessante Artikel und Videos
Newsletter: Bleiben Sie auf dem Laufenden!
Bleiben Sie auf dem Laufenden mit unserem Newsletter zu den Blogbeiträgen. Melden Sie sich an und erhalten Sie einmal die Woche interessante Neuigkeiten aus der Welt des Sportrechts!
Verständlich und praxisnah erkläre Ich Ihnen in Artikeln und Videos interessante Rechtsprobleme und gebe Ihnen konkrete Tipps zur Fehlervermeidung in der Praxis.
d News abonnieren