Scheinselbstständig: Schützt mich eine Selbstanzeige vor Nachforderungen?
13. August 2024
Lesedauer: 3:30 Minuten
Das Thema Scheinselbstständigkeit und die drohende Gefahr für die letzten 4 Jahre rückwirkend Sozialabgaben erstatten zu müssen, bleibt weiter relevant. Dazu gibt es auch aktuelle News, insbesondere für Yogalehrer. Also lies unbedingt bis zum Schluss!
Studiobetreiber Maik aus Leipzig hat uns eine interessante
FRAGE geschickt:
„Auch mein Steuerberater hat mich darauf hingewiesen, dass es bei einigen meiner Kurstrainer grenzwertig ist und bei einer Betriebsprüfung eventuell Scheinselbstständigkeit festgestellt werden könnte. Daher frage ich mich, ob es etwas bringt, wenn ich eine Selbstanzeige mache. Kann ich mich damit schützen?“
ANTWORT:
Ich gebe zu, auf die Idee bin ich noch gar nicht gekommen und musste für die Antwort auch erst mal im Strafrecht recherchieren.
Da die Antwort aber einige von euch interessieren dürfte, teile ich die Antwort hier mit euch.
Neben der steuerrechtlichen Selbstanzeige nach § 371 AO gibt es tatsächlich eine strafbefreiende Selbstanzeige in § 266a Abs. 6 StGB.
Nach dem Wortlaut der Vorschrift ist eine strafbefreiende Selbstanzeige aber nur dann möglich, wenn der Arbeitgeber zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Sozialversicherungsbeiträge oder unverzüglich danach der Einzugsstelle schriftlich die Höhe der vorenthaltenen Beiträge mitteilt und die Gründe darlegt, warum die fristgemäße Zahlung nicht möglich ist, obwohl der Arbeitgeber sich ernsthaft darum bemüht hat.
Der Arbeitgeber geht dann straffrei aus, wenn er die offenen Beiträge innerhalb einer von der Einzugsstelle bestimmten Frist nachzahlt.
- Es geht nur um SV-Beiträge die aktuell anfallen und nicht bezahlt werden können.
- Es geht um Straffreiheit und schützt nicht vor den Rückforderungen.
Damit hilft die strafbefreiende Selbstanzeige in den meisten Fällen bei Scheinselbstständigkeit nicht weiter.
Hinzu kommt, dass du damit das Finanzamt und die DRV konkret auf dich aufmerksam machst. Wenn eine Selbstanzeige gemacht wurde, muss die DRV eine Betriebsprüfung durchführen.
FAZIT: Nein, beim Thema Scheinselbstständigkeit funktioniert eine strafbefreiende Selbstanzeige nicht, um sich vor der rückwirkenden Zahlungspflicht für die SV-Beiträge zu schützen.
Ich wiederhole mich, wenn ich sage: „Das Thema Scheinselbstständigkeit ist sch … kompliziert und komplex.“ Aber eben verdammt wichtig, da es den Studios und Tanz- und Yogaschulen die Existenz zerstören kann, wenn rückwirkend für 4 Jahre die kompletten Sozialabgaben für alle Trainer / Lehrer bezahlt werden müssen.
Es ist wie mit den Steuern: So richtig verstehen es nur ganz wenige und wenn man die Regeln nicht einhält - ob bewusst oder unbewusst -
kann es verdammt teuer werden.
Das Fiese beim Thema Scheinselbstständigkeit ist aber, dass es keinen Kriterienkatalog gibt, an dem man sich orientieren kann und so können die DRV und die Spitzenverbände immer wieder neue Schwerpunkte für die Prüfung festlegen.
Aktuelle NEWS:
Mitte Juni fand im Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Fachgespräch zum Erwerbsstatus von Lehrkräften statt. Eingeladen waren Vertreter der DRV Bund, Bildungsverbände, Kammern, Gewerkschaften und Vertreter des Ministeriums.
Es bestand Einigkeit darüber, dass Lehrkräfte (
also auch Yoga- und Tanzlehrer) künftig auch Lehrkräfte sowohl angestellt als auch selbstständig tätig sein können.
Die DRV zeigte Kriterien auf, bei deren Vorliegen diese eine Selbstständigkeit bejahen würde.
Es wurde verabredet, dass die Verbände und Kammern auf dieser Basis prüfen, wie die Beschäftigungsverhältnisse ausgestaltet werden können, damit eine selbstständige Tätigkeit gegeben ist.
Es sollen für bestimmte Konstellationen Verträge erstellt werden, die dann im nächsten Fachgespräch Mitte Oktober mit der DRV diskutiert werden.
Bis dahin hat die DRV zugesichert, dass im Rahmen von Betriebsprüfungen erstmal keine Statusfeststellungen gemacht werden und Betroffene, die sich bereits im Widerspruchsverfahren befinden, eine Aussetzung des Verfahrens beantragen können.
So weit, so gut.
Jedoch wurden nicht angesprochen, was passiert, wenn es im Oktober zu keiner Einigung kommt.
Werden die DRV und die GKV- Spitzenverbände ihre Ansicht, die sie so vehement seit ein paar Jahren durchsetzen und für die es auch (leider) einige Gerichtsurteile gibt, aufgrund von Gesprächen und vorgelegten Verträgen, aufgeben?
Außerdem frage ich mich: Wo waren die Verbände für die Fitnessbranche? Was wird für Kurstrainer gelten?
Da keine wirkliche Lösung in Sicht ist, kümmern wir uns weiter um euch.
Vereinbare gerne ein kostenloses Kennlerngespräch und wir zeigen dir, wie wir dich absichern können.
Viele sportliche Grüße
Julia
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Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf
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