Sonderkündigung im Studio: Was du zulassen musst – und was nicht

22. April 2025 Lesedauer: 3:30 Minuten
Mitglieder trainieren im Studio

Die Frage: „Wie gehe ich rechtlich korrekt mit Sonderkündigungen um?“ ... und wichtig: ohne immer nachgeben und finanzielle Einbußen hinnehmen zu müssen, ist ein Thema, was immer wieder bei uns auf dem Tisch landet.

Klar kann man sagen, ehe ich mich herumärgere, lasse ich das Mitglied lieber aus dem Vertrag raus. Aber Vorsicht, dass du damit keine „Präzedenzfälle“ für andere schaffst und später noch mehr herum diskutieren musst, warum die Mitglieder A, B und C aus dem Vertrag entlassen hast, aber bei Mitglied D nun die harte Linie durchziehst.

Am wichtigsten ist aber, dass du weißt, wann du „kulant“ sein MUSST, weil das Recht das so vorsieht und wann es bei dir liegt. Daher klären wir heute die drei wichtigsten Situationen.

Was glaubst du: Hat das Mitglied ein Sonderkündigungsrecht, wenn ...

  1. ein Attest vom Arzt z. B. mit der Diagnose Bandscheibenvorfall vorliegt?
  2. das Mitglied aus beruflichen Gründen umziehen muss?
  3. das Mitglied schwanger ist?


Ja oder nein?

Antworten:

Klären wir erstmal ein paar rechtliche Basics zum Vertragsrecht. Wir haben im deutschen Recht den schönen Grundsatz: „Verträge sind einzuhalten, wie sie geschlossen wurden.“

Wenn das Mitglied einen Vertrag mit Erstlaufzeit unterschrieben hat, also einen Vertrag über X Monate abgeschlossen hat (allerdings maximal 24 Monate), dann muss es die monatlichen Beiträge grundsätzlich bis zum Ende der Laufzeit bezahlen.

Wichtig: Die Kündigungsfristen müssen im Mitgliedsvertrag oder den AGB richtig vermerkt sein.

Bei den Kündigungsfristen muss man unterscheiden:


 
Im Vertrag oder den AGB ist vermerkt, mit welcher Frist erstmals zum Ablauf der Erstlaufzeit gekündigt werden kann.

Sollte dazu nichts im Vertrag stehen, geht das leider zu Lasten des Studios und das Mitglied kann jederzeit „rechtzeitig“ zum Vertragsende kündigen.

Erfolgt keine Kündigung zum Ende der Erstlaufzeit, entscheiden sich viele Studios dafür, dass sich der Vertrag automatisch verlängern soll. Hier ist unbedingt darauf zu achten, dass bereits seit März 2022 gilt, dass wenn sich ein Vertrag stillschweigend verlängern soll, dies nur auf unbestimmte Zeit geht und der Vertrag jederzeit mit einer Frist von einem Monat gekündigt werden kann. Davon ausgenommen sind Altverträge, die vor März 2022 abgeschlossen wurden.

Kommen wir nun aber zu den Sonderkündigungen.

#1 Sonderkündigung mit ärztlichem Attest

Das Gesetz geht davon aus, dass dem Mitglied ein Sonderkündigungsrecht zusteht, wenn es auf unbestimmte Zeit daran gehindert ist, die Leistungen eines Fitnessstudios in Anspruch zu nehmen. Grund: In diesem Fall sei ein Festhalten am Vertrag unangemessen für den Verbraucher.

Als Studio/ PT darfst du vorher aber ein ärztliches Attest verlangen. Jedoch ist es ausreichend, wenn in diesem eine allgemeine Sportunfähigkeit bescheinigt wird. Eine genaue Diagnose muss daraus nicht hervorgehen und diese muss dir das Mitglied auch nicht benennen. Ein amtsärztliches Attest darfst du ebenfalls nicht verlangen.

Jedes Attest muss einzeln geprüft werden, ob es alle Kriterien erfüllt, um eine Kündigung aus wichtigem Grund (Sonderkündigung) zu rechtfertigen.

Folgende 2 Punkte sind dabei besonders wichtig:

1. Dauerhaftigkeit

Der BGH hat bereits am 08.02.2012 ein Grundsatzurteil erlassen, wonach eine dauerhafte Erkrankung einen außerordentlichen Kündigungsgrund darstellt.

ABER: Das Gericht hat auch festgelegt, dass das Attest bestätigen muss, dass aufgrund der Krankheit dauerhafter Sport im Fitnessstudio nicht mehr möglich ist.

Und dauerhaft bedeutet, dass die Sportunfähigkeit bis mindestens zum Ende der vereinbarten Laufzeit bzw. zur nächsten Kündigungsmöglichkeit bestehen muss.

2. Alternative Nutzungsmöglichkeiten

Weiter muss geprüft werden, ob es alternative Nutzungsarten gibt. Nur weil jemand was am Knie hat und 25 % der Geräte nicht nutzen kann, bleiben noch die anderen Geräte z.B. für das Training von Oberkörper und Armen, Rumpfstabi ...
Erst wenn attestiert wird, dass z. B. eine Fortsetzung des Trainings den Gesundheitszustand verschlimmern würde oder gar Dauerschäden verursachen könnte, wäre eine außerordentliche Kündigung gerechtfertigt.


#2 Sonderkündigung wegen Umzug

Hier habe ich gute Nachrichten für dich. Es gibt kein Sonderkündigungsrecht bei Umzug!

Der BGH (Az: XII ZR 62/15) hat schon im Jahr 2016 entschieden, dass auch ein berufsbedingter Wohnortwechsel den Kunden grundsätzlich nicht dazu berechtigt, seinen langfristigen Fitnessstudio- vertrag außerordentlich zu kündigen. Die Entscheidung umzuziehen, liegt ganz allein beim Mitglied.

Hier kannst du kulant sein, musst es aber nicht.


#3 Sonderkündigung wegen Schwangerschaft

Bei Schwangerschaften sind sich die Gerichte nicht einig. Grundsätzlich ist eine Schwangerschaft kein Grund für eine Sonderkündigung.

Jedoch kommt es natürlich auf den konkreten Fall an. Bei einer ärztlichen Bestätigung z. B. von Risikoschwangerschaften wurde das Kündigungsrecht anerkannt. Es muss also individuell geprüft werden. Dann gilt das Sonderkündigungsrecht, auch wenn die Geburt vor dem Vertragsende liegt.

Hier würde ich immer empfehlen, mit dem Mitglied eine Regelung über eine „Pausierung“ des Vertrags zu vereinbaren oder die Frau aus dem Vertrag rauszulassen. Bei dem Thema Schwangerschaft lohnt sich streiten nicht. Da ist das Risiko zu verlieren zu hoch.


Gar nicht so einfach, sich immer korrekt zu verhalten und seine Rechte durchzusetzen, aber mit der aktivKANZLEI durchaus machbar.

Buche dir gerne eine 1:1 Kurzberatung und in einem persönlichen Gespräch per Telefon oder im Videocall bekommst du direkt Antworten auf deine Fragen.



Sportliche Grüße

Astrid & Julia



Julia Ruch
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Inhaberin der aktivKANZLEI
und aktive Triathletin

aktivKANZLEI
j.ruch@aktivkanzlei.de
Astrid Bemfert
die Anwältin für die Fitness- & Gesundheitsbranche
Bereich Fitness
 

aktivKANZLEI
a.bemfert@aktivkanzlei.de


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