Tod bei Berglauf – Wer ist schuld?
18. Januar 2022
Lesedauer: 3:00 Minuten
Du hast Dir sicher auch schon mal gedacht: “Wird schon gutgehen.”
Als Veranstalter:in von Sportevents kannst Du Deine persönliche Haftung, Schadensersatz, Schmerzensgeld tatsächlich mit guten AGB minimieren. Aber wenn sich ein:e Teilnehmer:in schwer verletzt oder sogar ums Leben kommt, muss Du Dich eventuell auch vor dem Strafgericht verantworten.
Die
Anklage lautet dann:
Fahrlässige Tötung nach
§ 222 StGB
Was war passiert?
Ein Veranstalter organisierte einen Extrem-Berglauf in den deutschen Alpen. In den Anmeldebedingungen werden die Teilnehmenden auf die generellen gesundheitlichen Gefahren eines Berglaufs hingewiesen. Zugleich werden die möglichen problematischen Witterungsbedingungen erwähnt mit dem Hinweis, dass die Läufer selbst für ausreichende Kleidung sorgen müssen.
Eine ausreichende Ausrüstung wurde daher nicht kontrolliert.
Der Wetterbericht und die schlechte Prognose wurden vor dem Start für alle hörbar verlesen.
Kurz vor dem Gipfel schlägt das Wetter so massiv um. Es schneit so heftig und die Temperatur war auf -1,5° C abgesunken. Ein Teilnehmer erleidet wegen Überanstrengung und Unterkühlung auf Grund seiner unangemessen leichten Bekleidung einen Kreislaufzusammenbruch und stirbt. Die am gesamten Streckenrand in ausreichender Zahl postierten Sanitäter können nicht mehr rettend eingreifen.
Hat sich der Veranstalter strafbar gemacht?
Als Veranstalter hat man die Sorgfaltspflicht alle Gefahren von den Teilnehmenden fernzuhalten und nur unter ausreichenden Sicherheitsvorkehrungen die Veranstaltung durchzuführen.
Die eigenverantwortliche Selbstgefährdung durch die freiwillige Teilnahme an einem extremen Berglauf hat Grenzen. Die Läufer haben es zwar selbst in der Hand am Berglauf teilzunehmen und sich den damit verbundenen Risiken auszusetzen. Das scheidet jedoch aus, wenn anzunehmen ist, dass der Veranstalter das Risiko besser erfassen kann, weil er die Gegebenheiten besser kennt.
Daher gibt es auch keine “Teilnahme auf eigenes Risiko”. Die Klausel ist unwirksam.
Problem 1: Keine Kontrolle der Bekleidung
Das Gericht sah dies nicht als relevant an und begründete dies damit, dass selbst nach einer Kontrolle zu Beginn nicht sichergestellt werden kann, dass die Kleidung auch tatsächlich während des Laufs (korrekt) getragen wird.
Problem 2: Fortsetzung des Berglaufs trotz Unwetter
Entscheidend ist hier, ob ein besonnener Veranstalter in derselben Situation den Lauf ebenfalls fortgesetzt hätte. Dass die Temperatur sank und Schnee fiel, war auf Grund des Wetterberichts vorhersehbar und in der konkreten Laufsituation wahrnehmbar.
Das Gericht akzeptierte hier zu Gunsten des Veranstalters, dass dieser kein Sonderwissen gegenüber den Läufern hatte, da er alle verfügbaren Wetterinformationen an diese weitergegeben hatte. Es bestand daher grundsätzlich kein Anlass das Rennen abzubrechen.
Urteil: Der Veranstalter hat sich nicht strafbar gemacht und wurde freigesprochen.
ABER mal ehrlich …
Auch wenn es dem Veranstalter mehr als zu gönnen ist, dass er nicht auch noch strafrechtlich belangt wird, ist er durch den Todesfall doch genug gestraft. Dennoch hat das Gericht hier einen wesentlichen Punkt völlig außer Acht gelassen.
Jeder kennt das Gefühl, dass bei einem Lauf unter Wettkampfbedingungen regelmäßig eine gewisse Gruppendynamik entsteht, die den Ehrgeiz steigert. Hinzu kommt, dass den Läufern durch die an der Strecke postierten Helfer ein erhöhtes Maß an Sicherheit suggeriert wird. Und letztlich hat man ja auch monatelang auf das Event hin trainiert. Dies alles hat zur Folge, dass die Bereitschaft der Teilnehmenden den Lauf abzubrechen erheblich sinkt.
In dem Moment hat der Veranstalter wieder ein Sonderwissen gegenüber den Teilnehmenden.
Das Urteil hätte also auch anders ausgehen können.
Es bleibt damit eine der schwersten Entscheidungen der Veranstalter:innen zu entscheiden, ob die Veranstaltung zum Schutz der Teilnehmenden abgesagt oder abgebrochen werden muss.
Recht hin oder her …
SAFTY FIRST!
Sind deine Wettkampfbedingungen aktuell? Beinhalten Sie z.B. eine „Corona-Klausel?
Nein? Dann vereinbare gerne ein kostenloses Kennlerngespräch per Telefon oder Zoom Call oder schreib mir eine E-Mail
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Julia Ruch
Triathletin, Anwältin für Sportrecht &
Expertin für Rechtssicherheit im Training und Wettkampf
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